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Der lange Weg zum Teuerungsausgleich

Politik

Die Regierung hat die Gutschein-Lösung zur Abgeltung gestiegener Energiepreise fast fertig. Es ist kompliziert.


Bis spätestens Ende April werden alle österreichischen Haushalte einen Brief der Bundesregierung erhalten. Darin: ein Gutschein im Wert von 150 Euro. Dieser dient als Teuerungsausgleich für die zuletzt empfindlich gestiegenen Energiekosten. Eingelöst werden kann er über eine Online-Plattform des Bundesrechenzentrums, die diese Daten dann an die jeweiligen Energielieferanten weiterleiten. Die 150 Euro werden dann von der Stromrechnung abgezogen. Wichtig ist, dass der Gutschein zwar an alle Haushalte gehen wird, aber nicht von allen eingelöst werden darf. Das ist aber nicht die einzige Kritik an dem Vorhaben. Die Umsetzung gestaltet sich auch kompliziert.

Am Mittwoch wurde im Nationalrat ein Gesetzesentwurf als Abänderungsantrag eingebracht, um den Energiekostenausgleich nun einmal auf den Weg zu bringen. Die Regierung hatte sich zuvor mit den Energieversorgern auf eine Abwicklung geeinigt und darauf, dass den Stromlieferanten die Abwicklung abgegolten wird. Laut dem ursprünglichen Plan hätten die Energieunternehmen selbst und möglichst unbürokratisch die 150 Euro gutschreiben sollen, diese waren jedoch nicht vorab eingebunden worden und winkten ab.

Da Gutverdiener ausgenommen sein sollten, benötigt es Einkommensdaten, die den Energielieferanten aber nicht vorliegen. Umgekehrt hat die Finanz, die diese Daten naturgemäß hat, keine Informationen über Stromanschlüsse. Es sollten aber Haushalte entlastet werden, nicht Einzelpersonen. Daher wurde nun die Gutschein-Lösung gebastelt und wird das Bundesrechenzentrum eingebunden. Das Bundesrechenzentrum als IT-Dienstleister der Republik hat wiederum (bisher) keinen Zugriff auf Meldedaten, die im Innenministerium liegen. Diese braucht es allerdings, um Nebenwohnsitze auszuschließen. Der Energie-Gutschein gilt nur für den Hauptwohnsitz.

Aufwendige Gutschein-Lösung

Auch nach der Einigung am Mittwoch sind noch einige Detailfragen dieser doch komplexen Konstruktion offen. Was sicher ist: Zu den insgesamt 600 Millionen Euro, die der Bundesregierung der Energiekostenausgleich wert ist (150 Euro für rund vier Millionen Haushalte) kommen weitere Kosten auf die öffentliche Hand für die Abwicklung zu. Zum einen muss das Bundesrechenzentrum eine Plattform zum Einlösen der Gutscheine basteln und eine Hotline einrichten, wenn es Schwierigkeiten bei der Einmeldung gibt oder der Gutschein auf dem Postweg verloren gegangen ist. Zum anderen verursacht auch die Zusendung der Gutscheine an alle Haushalte sowie die Abwicklung bei den Energielieferanten, die diesen abgegolten wird, erhebliche Kosten.

Nicht jeder darf den Gutschein einlösen

Kritik gab es unter anderem von der SPÖ, die eine befristete Senkung der Mehrwertsteuer auf Strom und Gas forderte. Dies will aber Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) nicht, das sei das Prinzip Gießkanne für alle. Die Bundesregierung habe aber differenziert. Nur der Ökostromförderbetrag werde für alle Anschlüsse gestrichen, was einer Entlastung von etwa 100 Euro entspricht. Die (zusätzlich) 150 Euro Teuerungsausgleich sollen nur jene Haushalte bekommen, deren Einkommen unter der ASVG-Höchstbeitragsgrundlage liegt. Diese beträgt derzeit 5.670 Euro brutto im Monat. Das gilt freilich nur für Single-Haushalte, für Mehrpersonenhaushalte wird die doppelte Höchstbemessungsgrundlage herangezogen.

Da aber alle Haushalte einen Gutschein geschickt bekommen, ist es wichtig, auf den Lohnzettel zu schauen. Wer nämlich über der Einkommensgrenze liegt, darf den Gutschein nicht einlösen. Das Finanzministerium setzt dabei auf die Eigenverantwortung, wobei es auch nachgelagert Kontrollen geben soll. Wer überführt wird, muss die 150 Euro zurückzahlen, "offensichtlicher Missbrauch wird auch strafrechtliche Konsequenzen haben", heißt es aus dem Finanzministerium.

Personen mit sehr geringem Einkommen (Arbeitslose, Mindestsicherungs- sowie Studienbeihilfebezieher und Mindestpensionisten) erhalten den doppelten Ausgleich. Übrigens, der Gutschein kann nicht gespendet werden, pro Haushalt ist nur das Einlösen eines Gutscheins möglich.

Ökonominnen und Ökonomen hatten schon im Vorfeld die Lösung als zu breit kritisiert. So sehen etwa Wifo-Chef Gabriel Felbermayr und Eco-Austria-Leiterin Monika Köppl-Turyna die Förderung als zu breit an (bis 5.670 Euro brutto pro Monat), höhere Sozialleistungen wären treffsicherer gewesen. SPÖ und FPÖ genügen die Maßnahmen der Regierung nicht, auch der ÖGB kritisierte sie als "nicht ausreichend".(sir)